Full text: ¬Die Schuldverhältnisse nach dem Rechte des Deutschen Reichs und Preußens (2)

Mängel der Kaufsache. 
Das Reichsgericht nimmt an, daß bei Veräußerungen von Grund 
stücken Gewähr für nicht notariell oder gerichtlich verbriefte Zusicherungen 
nicht zu leisten sei.18 Da dieselben einen Vertragsbestandteil bildeten, 
fehle ihnen die notwendige Form. Formvorschriften gegenüber könne 
aber die Rücksicht auf Treu und Glauben nicht in das Gewicht fallen. 
Das O. L. G. Kiel hatte freilich gefunden, der Käufer könne die Gültig 
keit der Zusicherung dadurch herbeiführen, daß er unter Vorbehalt seiner 
Gewährschaftsrechte nach § 464 B. G. B. die Auflassung und Eintragung 
verlange. Dies sei aber ein nutzloser Umweg. Daher sei anzunehmen, 
daß der Käufer auch schon vor der Auflassung und Eintragung auf 
Grund des Fehlens einer mündlich zugesicherten Eigenschaft wandeln 
könne. Das Reichsgericht sucht dies mittels der Ausführung zu ent 
kräften, daß durch die Auflassung und Eintragung nur solche mündliche 
Nebenabreden geheilt würden, hinsichtlich deren zur Zeit der Auflassung 
noch Willensübereinstimmung bestehe. Der Verkäufer wolle nun 
nicht auf Grundlage der mündlichen Zusicherungen erfüllen, sein früher 
vorhandener Wille für die Zusicherung bestehe also nicht mehr zur Zeit 
der Auflassung und Eintragung, daher sei in dieser Hinsicht nichts mehr 
vorhanden, worauf sich ihre heilende Kraft erstrecken könne. Also 
könne der Kläger aus der nichtigen mündlichen Zusicherung nicht auf 
Wandelung klagen! Diese Ausführung des Reichsgerichts ist bedenklich. 
Nach § 313 wird der ohne Beobachtung der Form geschlossene Ver 
trag seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und Ein 
tragung erfolgt. Daß dies nicht Platz greifen soll, wenn der Ver 
käufer vor der Auflassung erklärt hat, er wolle den Vertrag nicht mehr, 
steht nicht im Gesetz, ist befremdend und nicht überzeugend. 
Von dem Standpunkte aus, daß Zusicherungen zwar nach Treu 
und Glauben zur Leistung der Gewähr verbinden und sich insoweit an 
den Vertrag anschließen, Bestandteile des Vertrages in dem Sinne 
des § 313 aber nicht bilden, ergibt sich, daß sie auch formlos bei 
Grundstücksveräußerungen zur Gewähr verpflichten. Dies aber 
ist um so mehr festzuhalten, weil sonst bösem Schwindel und grober 
Übervorteilung im Grundstücksverkehr Tür und Tor geöffnet ist. 19 
18) R. G. Bd. 52 S. 5, Bd. 36 S. 47. So auch Eccius a. a. O., Scholl 
meyer S. 25. 
19) Die Bestimmungen des B.G. B. über die Gewährleistung bei Zusicherungen 
beziehen sich wie die über verborgene Fehler nur auf Verkäufe von körperlichen Sachen, alse 
z. B. nicht auf Verkäufe von Forderungen, Grundschulden usw. Aber sie finden auf 
dieselben zum Teil entsprechende Anwendung. Hat z. B. der Verkäufer einer Hypo¬
	        
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