Full text: Psychologie. ¬Die Lehre von dem Erkenntnißvermögen (Th. 1)

1. Begriff der Psychologie. § 1. 
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erst später finden kann — ist somit der Mensch weder Körper allein, noch Geist 
allein, sondern er ist, jedoch ohne substanziale Vermischung dieser seiner beiden Be¬ 
standtheile, beides zugleich und zwar stehen diese beiden Bestandtheile in einem 
beständigen Verkehr mit einander, wobei bald der eine, bald der andere dieser bei¬ 
den Factoren vorwaltet. Hiernach steht der Mensch zwischen der unpersönlichen 
Natur und dem persönlichen reinen Geiste in der Mitte: in der ersten Rücksicht 
steht er auf der höchsten Stufe der Natur und ist er das vollkommenste orga¬ 
nische Gebilde auf Erden; in der zweiten Rücksicht steht er auf der tiefsten Stufe 
des Geisterreiches. Sofern der Mensch ein körperliches Wesen ist, gehört er. 
wenigstens zuletzt, der allgemeinen Natursubstanz an, womit sich jedoch sehr 
wohl verträgt, daß das Leben des Leibes an dem besondern, unvergänglichen 
Leben des Geistes Antheil nehmen könne; sofern der Mensch Geisteswesen ist. 
gehört er einer übersinnlichen Welt an. Sofern der Mensch als Natursubstanz ein 
bloß raumerfüllendes, aus materiellen Theilen bestehendes Etwas ist, legen wir ihm 
einen Körper zu; sofern er als Geistessubstanz ein von allen Naturdingen ver¬ 
schiedenes, selbstständiges, unkörperliches, persönliches, unsterbliches Wesen ist, legen 
wir ihm einen Geist im eigentlichen Sinne zu. Zwischen dem menschlichen Kör¬ 
per und dem menschlichen Geiste liegen der menschliche Leib und die menschliche 
Seele gleichsam in der Mitte. In Folge der Verbindung des Körpers mit dem 
Geiste wird der Körper Leib, in Folge der Vereinigung oder doch der Verein¬ 
barkeit des Geistes mit dem Körper wird der Geist Seele genannt. Körper und 
Geist bilden somit extreme Gegensätze, wohingegen Leib und Seele miteinander 
verbunden sind und sich gegenseitig voraussetzen. Zwar legen wir auch dem Thiere 
wohl einen Leib und eine Seele bei; jedenfalls ist aber hier der Unterschied so 
groß, daß jene Benennungen in Beziehung auf das Thier dem Menschen gegen¬ 
über nur eine analoge Geltung haben. So wie nämlich die von Gott geschaffene 
bloße Naturkraft zur Erzeugung aller lebendigen Wesen auf Erden, mit Einschluß 
der Thiere, für sich allein ausreicht, so ist der menschliche Leib zwar auch aus 
dem Stoffe der Natur gebildet, jedoch erst mittelst Hinzutrittes eines andern, von 
der Natur selbst verschiedenen (göttlichen) Princips entstanden, wie ja auch 
die Schrift berichtet, daß Gott selber den Leib des Menschen zubereitet habe 
während er die übrigen Geschöpfe durch die Erde hatte hervorbringen lassen. Darum 
wird der thierische Körper in der Sprache kaum und nur kaum Leib genannt; 
darum bleibt der menschliche Leib auch nach dem Tode noch einer dereinstigen 
Wiedervereinigung mit dem Geiste fähig. Und so wie dem Thiere insofern aller¬ 
dings eine Seele, oder richtiger eine seelenhafte (mit seelischer Anlage begabtel 
Materie zukommt, sofern wir auch ein mit Empfindung begabtes Naturindividuum 
d. i. Naturleben mit Empfindung ein beseeltes nennen, übrigens nicht der mindeste 
Grund vorhanden ist, die sogenannte thierische Seele, die nur Bruchstück des all¬ 
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung
	        
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