-Planck-Institut
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Treuen. Die ältesten und jüngsten meiner Zöglinge fordere ich zu
Zeugen, zu Richtern meines Strebens, meiner Denk= und Hand
lungsweise auf.
Mein Motto war: „Des Lehrers gerechteste Richter
sind seine eignen Schüler.“ Dieses Motto begleitete mich in
jede Lehrstunde; es war mein Revisor, mein wachsamer Revisor.
Tretet heran, geliebte ehemalige Zöglinge, jetzige Freunde und
Mitarbeiter im Tempel der Jugendbildung! Schaart Euch im
Geiste um mich, Euern ehemaligen Lehrer, Euern Freund, Euern
Standesgenossen, Euern Mitkämpfer für Eure Interessen! Denkt
an die schönen Stunden, in denen mir die Freude zu Theil wurde,
an der Entwickelung Eurer Geisteskräfte, an der Veredlung Eurer
Gesinnung, an der Begeisterung für Euren Beruf, an der Tüch
tigung für Euer Amt ein Scherflein beizutragen! Waren es nicht
schöne Stunden? Stunden geistigen Turnens, der Geisteszucht
und der Geisteserholung! Stunden gemüthlichen Frohsinns,
herzstärkender Heiterkeit, wohlgesinnter Vertraulichkeit, gradsinni
ger Offenheit! Das Motto: immer frisch und frei, dabei fromm
und froh, — es ward unter uns eine Wahrheit. — Wie gern
wohnte ich in den Uebungsschulen Euerm Unterrichte bei! Mit
entzückender Freude verließ ich das Lehrzimmer, wenn ich bei Ei
nem oder dem Andern die richtige Auffassung des Unterrichtsstoffes,
die sorgfältige Beachtung gegebener methodischer Winke und
eine eigenthumliche von selbstständigem Denken zeugende
Ausfuhrung wahrnahm. Ihr habt mir das wol angesehen und
oft genug gehört, wie verhasst mir ein affenmäßiges Nach
ahmen dieser oder jener Eigenthümlichkeit eines Lehrers war. Ich
wollte es nie, daß man Einen von Euch meinen Nachtreter nenne;
aber ich sahe es gerne, wenn Euer Geist mit meinem Geiste
harmonirte, selbst wenn die Form mit der meinigen nicht überein
einstimmte. — Ich wurde unter Euch älter an Jahren, aber jün
ger am Geist, frischer im Herzen, fröhlicher im Gemuth. Gro
ßer Segen. — Vielleicht sind unter Euch nicht wenige, die auch von
mir ernste, bittere Worte entgegen nehmen mussten. Ich habe der
Trägen nicht geschont, und für Schlechtgesinnte nie das Wort genom
men; aber ich habe niemals unterlassen Wankende zu ermahnen,
Strauchelnde zu festigen, auf Abwege Gerathenen derb ins Gewissen
zu reden, Entmuthigte zu ermuntern, Geängstigte zu beruhigen,
Rathlose mit Rath und That zu unterstützen. — Ist's nicht so?
Sollte dennoch Jemand Grund zu klagen über mich haben — hier
ist meine Hand und mit ihr die Versicherung, daß ich Keinem einen
Stachel ins Herz legen wollte. — Mit wahrer Freude denke ich
an die Abschiedsworte, die Ihr jedesmal in der letzten Lehrstunde
durch einen Eurer Mitgenossen an mich richten ließet. Wie
reich fühlte ich mich da! Gedenkt Ihr aber auch der Worte, die ich
Euch mit auf den Weg gab? jener Worte, die Euch die gewissen=