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So gerne ich wie früher einfach auf das Beispiel
der hl. Familie hindeutete, so ist mir das heute nicht möglich
Denn bei seiner Armuth konnte der hl. Joseph nicht bloß
keine Arbeiter anstellen, sondern er mußte zufrieden sein,
daß er nicht bei einem andern Meister zu arbeiten ge¬
zwungen war. Aber da sehet ihr wieder die Weisheit
Christi, der in seinem Erlösungswerk nichts vergessen hat,
was zum Heile der Menschen nützlich und nothwendig.
Denn er hat es durch den hl. Geist geleitet, daß seine
Apostel diesen Punkt nicht bloß berührten, sondern daß
der hl. Paulus eines Sklaven wegen einen besondern
Brief schreiben mußte.
In Ephesus nämlich war ein reicher Christ, Namens
Philemon. Mit diesem und seinem Hause war der hl.
Paulus ganz besonders befreundet. Onesimus ein Sklave
bestahl nun seinen Herrn Philemon, flüchtete nach Rom,
wo er den hl. Paulus aufsuchte und durch ihn Christ
wurde. Obwohl der Völkerapostel den Sklaven in seinem
Kerker ganz gut brauchen konnte, schickte er denselben gleich¬
wohl seinem Herrn zurück. Damit er aber gnädig auf¬
genommen würde, gab er ihm ein kleines Begleitschreiben
mit, welches vom hl. Geist eingegeben wie die hl. Evan
gelien unter die Schriften des neuen Bundes gezählt
wird. Das that der Völkerlehrer, damit die Heiden ja
nicht glauben, das Christenthum wolle die Sklaven durch
Gewalt und Mißachtung aller Eigenthumsrechte befreien.
Wie sehr dieser kleine Brief von Herrschaften und
Arbeitern zu beberzigen ist, beweist schon der Umstand,
daß der hl. Chrysosthomus uns darüber drei Homilien
hinterlassen hat! Betrachten wir nun zuerst den Haupt¬
inhalt des Briefes. Zuerst lobt der hl. Paulus den
Philemon wegen des Glaubens und dann wegen der
Liebe gegen die bedrängten Christen. Dann fährt er
wörtlich fort: „Ich bitte dich für meinen Sohn, den ich
Digitalisierungsvorlage:
DErzbischöfliche Diöze
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