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nicht, für jeden giebt es, wie für den sterbenden
Napoleon, einen Gott und Richter. Der Name Gott
allein reicht aber schon hin, den Christen zur gewissen¬
haften Erfüllung seiner Pflichten anzutreiben. Denn
Schiller hat recht, wenn er sagt: „Der Name
Gott weckt einen ernsten Nachbar auf, sein Name ist
Richter". Dieser Richter aber wird jeden Christen
über seine Pflichten, auch über jene gegen die Kirche,
zur Verantwortung ziehen. Die Stellung also, welche
der christliche Vater zur Kirche einnimmt, fordert von
ihm ein offenes, mutiges Glaubensbekenntnis, das sich
nicht bloß in echter Frömmigkeit, sondern auch ganz
besonders in treuer Erfüllung aller religiösen Pflichten
ausspricht. Sie verlangt aber vom katholischen Manne
auch noch Opferwilligkeit und Teilnahme
an allen großen Aufgaben der Kirche.
Ein Zug aus dem Leben des Morgenlandes lautet,
vom Dichter Rückert in Reime gebracht, also.
Zum Propheten kam ein junger Mann und sprach:
Gottgesandter! meine Mutter, alt und schwach,
Lebt bei mir, ich geb' ihr Wohnung und Gewand,
Trank und Speise geb' ich ihr mit meiner Hand,
Hebe sie auf meinen Arm und lege sie
Sommers kühl und Winters warm, und pflege sie;
Hab' ich ihr vergolten? Der Prophet sprach: nein!
Nicht vergolten, aber wohlgethan und fein.
Nicht den zehnten Teil vergaltest du, mein Sohn,
Doch Gott gebe dir fürs Kleine großen Lohn!
Mehr aber als seiner leiblichen Mutter verdankt
der katholische Christ seiner geistigen Mutter, der
Kirche; jene hat ihn geboren und erzogen zum irdischen
Leben, die Kirche zum ewigen, zum himmlischen Leben;
jene vermag ihm mit all ihrer Mutterliebe, die sie für
ihn hegt, mit all ihren Opfern, die sie für ihn bringt,
mit all ihren Leiden, die sie für ihn duldet, höchstens
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