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genusses und der wahren Lebensfreude eben darin
finden zu müssen, daß man es so sehr und so aus¬
schließlich in Wirthshäusern und Gesellschaften sucht.
Gewöhnte man sich — meinen sie, lernte man's, die
Erholung und Erheiterung mehr im häuslichen Kreise,
im Verkehre mit den Kindern oder auch mit Freunden
und ausgewählten Bekannten zu suchen, man würde
sie mehr und mehr und desto erquicklicher daselbst
finden.
Aber wir wollen darüber hier nicht streiten;
wir wollen nicht widersprechen, wenn behauptet wird,
daß das doch am Ende nicht Jedermanns Sache sei,
daß für Manche der Besuch eines anständigen Wirths¬
hauses, der Verkehr mit dort befindlichen Gesellschaf¬
ten nicht wohl entbehrlich sei. Huldigest also auch
du dieser Ansicht, wohl! Nur beobachte dann Maaß
und Schranke. Das ist etwas worin nicht mehr
Ansicht und Meinung Raum hat, das ist Pflicht
des christlichen Lebens. Pflicht ist es, dich zu hüten,
daß dir der Wirthshausbesuch nicht zum Bedürfnisse,
zur Leidenschaft werde, daß du nicht Sclave des,
Wirthshauses werdest. Daher dürfen wir es dir mit
allem möglichen Nachdrucke an's Herz legen, daß du
den unbedingt regelmäßigen, täglichen Besuch
meidest und es über dich gewinnest, ein und anderes
Mal vielmehr daheim zu bleiben. Gewinnst du das
nicht mehr über dich? — Dann sollst du dich fragen,
ob das nicht ein Stück Schande sei? Jedenfalls ist dein
Wirthshausbesuch dann für dich um so bedenklicher.
Pflicht ist es, darauf bedacht zu sein, nicht gar
zu lange im Wirthshause zu verweilen, am Wenig¬
sten im Laufe des Tages. Liegt nicht in der That
etwas Unwürdiges darin, vielleicht sogar regelmäßig
Digitalsierungsvorlage.
oon
Max Planck Institute for Hluman Developme
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