Full text: Ghillany, Friedrich Wilhelm: Geschichte des Seefahrers Ritter Martin Behaim

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berühmten Philologen Mathias Philesius (Ringmann); er bearbeitete zugleich Handschriften des Ptolomäus und 
die Reiseberichte, welche Amerigo Vespucci an den grossen Beschützer der Geographie, Herzog Renatus II. von 
Lothringen, Grafen von Provence (Enkel des Renatus I. von Anjou, und dadurch Anspruch machend auf den zwei 
fachen Titel der Königthümer von Sicilien und Jerusalem) richtete. Der Munificenz dieses Fürsten verdankt man 
die schöne Strassburger Ausgabe des Ptolemäus von 1513, die, wie ausdrücklich darin gesagt wird, sechs Jahre 
früher in den Lothringischen Vogesen (Lotharingiae terrae latebris, Vosagi rupibus) begonnen war. (Ex. crit. T. IV. 
p. 109.) In diesem Ptolemäus von 1513 findet sich, dieses fürstlichen Einflusses wegen, unter den Regionen extra 
Ptolemäum eine Karte von Lotharingia, vastum Regnum. Die Karten im Ptolemäus von 1522 aus Strassburg 
(bei Johann Grüninger) sind alle, wie Phrisius ausdrücklich sagt, von der Hand des Ilacomylus (sunt tabulae e 
novo a Martino Ilacomylo pie defuncto constructae). Ex. crit. T. IV. p. 116. Forschungen, die auf meine 
Bitte in den Universitäts-Archiven von Freiburg im Breisgau angestellt wurden, haben endlich 1836 dahin geführt. 
dass der Herr Professor und Bibliothekar Schreiber in den wohl aufbewahrten Universitäts-Matrikeln des 15. Jahr 
hunderts die Worte aufgefunden hat, die ich habe lithographiren lassen: „Martinus Waltzemüller de Friburgo 
Constantiensis dyœcessis wurde als Student eingeschrieben unter dem Rectorate des Conrad Knoll von Grüningen, 
den 7. Dec. 1490.“ Schon Ortelius hatte im Theatrum Orbis terrarum 1570 die Vermuthung ausgesprochen, „dass 
der Geograph Martinus Ylacomilus Friburgensis, Verfasser einer Karte von Europa, und Martin Waldseemüller, Ver 
fasser einer Weltkarte (tabula navigatoria oder marina) eine und dieselbe Person sei.“ 
Die endliche Ergründung der persönlichen Verhältnisse des Mannes, der den Namen Amerika dem neu ent 
deckten Welttheile zu geben anrieth, und die sichere Bestimmung des Jahres (1507), in dem dieser geographische 
Name entstand, sind um so wichtiger, als sie den zuerst (1533) von Schöner angeregten, später von Fray Pedro Simon 
in den Noticias historicas de las Conquistas, von Solorzano und Herrera verbreiteten Verdacht widerlegt, als habe Amerigo 
Vespucci als Piloto major in Karten, die er in Sevilla zeichnen liess, das Wort Amerika auf die neu entdeckten 
Küsten gesetzt. Vespucci wurde erst am 22. März 1508, also ein Jahr, nachdem in Lothringen die Quatuor Navi 
gationes (übersetzt de vulgari Gallico in Latinum) erschienen, zum Piloto major ernannt. (Ex. crit. T. IV. p. 157. 
T. V. p. 167. 173. 206 u. 207.) Der Gedanke, einen neuen Welttheil entdeckt zu haben, ist nie bei Vespucci, so 
wenig wie bei Columbus entstanden. Beide sind in dem festen Glauben gestorben, Theile von Asien entdeckt zu 
haben. Nur vier Jahre vor seinem Tode schreibt Columbus noch an den Pabst Alexander VI.: „ich habe Besitz 
genommen von 1400 Inseln und habe entdeckt 333 Leguas von dem Festlande von Asien.“ (Ex. crit. T. IV. p. 9. 
234. 257 u. 299. T. V. p. 181.) Vespucci ist gestorben den 22. Februar 1512 (nicht 1508, wie Robertson, nicht 
1516, wie Bandini und Tiraboschi wollen), ohne zu erfahren, welche Ehre die Geographen seinem Namen angethan. 
Auf Karten erschien der Name erst 8 Jahre nach seinem Tode. Merkwürdig ist es, dass Ferdinand Columbus, der 
als Biograph des grossen Vaters mit unerbittlicher Strenge Alles verfolgt und widerlegt, was den Ruhm des Vaters 
schmälern konnte, in seinem erst 1533 beendigten Werke nie Unwillen gegen Vespucci bezeigt, ja der so ungerechten 
und schon damals weit verbreiteten Benennung „Amerika“ nie erwähnt. Dieser Umstand hat schon die Verwunderung 
des berühmten Bartolomé de las Casas, Bischof de la Ciudad Real de Chiapa oder Cacatlan, erregt, der in seinem 
langen Werke, das leider! immer nur noch handschriftlich existirt, in den verschiedenen Epochen der Redaction von 
1527 bis 1559 allmälig heftiger und heftiger gegen Vespucci auftritt, je nachdem er den Namen des neuen Welttheils, 
Amerika, mehr und mehr sich verbreiten sieht. 
Ich habe in zwei Epochen meines Lebens, in Paris 1838 und in Berlin 1847, die vier Folio-Bände der 
Abschrift von des Las Casas Historia general de las Indias, die Jahre 1492 bis 1520 enthaltend, gründlich zu 
untersuchen Gelegenheit gehabt. Die Abschrift hat ursprünglich Herrn Ternaux-Compan gehört und ist wahr 
scheinlich dieselbe, welche ich im Mai 1799 vor meiner Einschiffung nach Amerika in Madrid in den Händen 
des ausgezeichneten Geschichtsschreibers Don Pedro Muñoz gesehen. Fray Bartolomé de las Casas war 1474 ge 
boren und starb 60 Jahre nach dem Tode seines Freundes Christoph Columbus in dem Alter von 92 Jahren. 
dem lib. I. cap. 140. pag. 693 heisst es noch mit einiger Schonung: „Auch ist hier zu erwähnen la injusticia y 
el agravio, welche gegen den Admiral (Columbus) begehen, sei es jener Americo Vespuccio selbst, seien es die, 
welche seine vier Seereisen drucken liessen (que aquel Americo Vespucio parece aver hecho al Almirante). 
indem sie dem Vespucio in ihren Lateinischen Schriften oder in modernen Sprachen, wie auch in Landkarten, die 
Entdeckung des Welttheils zuschreiben.“ Die Wendung parece, „es hat das Ansehen“, ist sehr mildernd und zeigt 
den Zweifel an, ob wohl Vespucio selbst an dem Uebel schuld sein möge. Nachdem in demselben Capitel pag. 696 
die wahren Verhältnisse von Amerigo, der als Lootse (Piloto), oder als Kaufmann (mercador), oder vielleicht als 
Actionär an der Expedition des Alonso de Hojeda betheiligt, sich im Mai 1499 eingeschifft hatte, entwickelt worden 
sind, setzt Las Casas hinzu: die falsche Angabe der Abreise in 1497 ist eine grosse Bosheit, wenn die Angabe eine
	        
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