Full text: Vitruvius: Des Vitruvius Zehn Bücher über Architektur

175 
sind, und daß auch die Völker von Natur aus mit ungleichen geisti¬ 
gen Anlagen und mit ungleichen Körpergestalten und Eigenschaften 
begabt sind, so sind unbedenklich die Grundsätze des Häuserbaues 
nach den Eigenthümlichkeiten der Völkerschaften und Stämme in an¬ 
gemessener Vertheilung anzuordnen, da wir ja von der Natur selbst 
einen untrüglichen und beredten Fingerzeig haben. 
(II.) Soweit ich nun auf die begründetste Weise die Vertheilung 
der Eigenthümlichkeiten der Gegenden durch die Natur erschauen konnte 
habe ich sie auseinandergesetzt und gesagt, wie man die Eigenschaften 
der Häuser je nach dem Lauf der Sonne und je nach dem Himmels¬ 
striche der Art der Völkerstämme entsprechend bestimmen müsse. Ich 
werde daher jetzt die zusammenstimmenden Maßverhältnisse der ein¬ 
zelnen Arten von Häusern sowohl im Allgemeinen, als im Besonde¬ 
ren kurz entwickeln. 
Zweites Kapitel. 
Die Verhältnisse und Maße der Privatgebäude je nach der natürlichen 
Beschaffenheit ihrer Plätze. 
1. Auf nichts muß der Architekt größere Sorgfalt verwenden, 
als darauf, daß die Häuser je nach den Verhältnissen eines be¬ 
stimmten Theiles ihre wohlberechnete Ausführung erhalten. Wenn 
also die Grundlage der zusammenstimmenden Maßverhältnisse fest¬ 
gesetzt ist und die Maße durch Berechnungen entwickelt sind, dann 
ist es auch Sache des Scharfsinnes, dafür zu sorgen, daß man in 
Rücksicht auf die natürliche Beschaffenheit des Platzes, auf den Ge¬ 
brauch und den Eindruck durch Wegnahme und Hinzufügen Modi¬ 
fikationen erziele, so daß, wenn von dem zusammenstimmenden Ma߬ 
verhältnisse etwas hinweggenommen oder etwas demselben hinzugefügt 
worden ist, dieß aus gutem Grunde umgestaltet zu sein scheint, und 
beim Anblicke nichts vermißt wird. 
2. Denn anders scheint der Eindruck von unten zu sein, anders 
in der Höhe, ein anderer in einem geschlossenen Raume, und diesem 
unähnlich in einem offenen, in Betreff dessen es eines großen Urtheils 
bedarf, wie man es da einzurichten habe. Denn das Auge scheint
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer