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3. Die Zahlen- und Maßverhältnisse der Säulen werden nicht
auf denselben Grundsätzen beruhen, wie ich sie bei den Tempeln be¬
schrieben habe, denn diesen bei den Tempeln der Götter muß Würde
innewohnen, jenen bei den Säulenhallen und den übrigen Bauwerken
aber Zierlichkeit. Wenn daher die Säulen dorischer Ordnung wer¬
den, so theile man ihre Höhe, mit Einschluß des Capitäls in 15
Theile, und stelle von diesen Theilen einen bestimmt fest und mache
ihn zur Maßeinheit, auf deren Grundlage hin die Anlage des ganzen
Baues eingerichtet wird, und zwar so: ganz unten soll die Dicke der
Säule 2 Maßeinheiten betragen, die Säulenweite 5½; die Höhe der
Säule mit Ausschluß des Capitäls 14 Maßeinheiten, die Höhe des Ca¬
pitäls eine, die Breite 2½; die übrigen Maße des Baues werden so be¬
stimmt, wie dieß bei den Tempeln im 4. Buche beschrieben ist. Wenn
aber ionische Säulen gemacht werden sollen, theile man den Schaft
mit Ausschluß der Base und des Capitäls in 8½ Theile und gebe
davon einen der Dicke der Säule; die Base mit ihrer Platte be¬
stimme man nach der Hälfte der Dicke; die Einrichtung des Capitäls
aber mache man so, wie dieß im 3. Buche gezeigt ist. Wenn die
Säule korinthisch sein wird, so soll Schaft und Base die Einrichtung
wie die ionische Säule haben, das Capitäl aber eine solche, wie dieß
im 4. Buche beschrieben ist. Die Verstärkung für den Säulenstuhl,
welche durch die schrägen Schemel*) bewirkt wird, nehme man aus
der Beschreibung, welche oben im 3. Buche angegeben ist. Architrav,
Gesimse und alles Uebrige solle man den Grundsätzen des Säulen¬
baus entsprechend nach dem in den vorausgehenden Büchern Gesagten
einrichten.
5. Die in der Mitte liegenden Räume aber, welche zwischen
den Säulenhallen unter freiem Himmel sein werden, dürften mit
grünen Anlagen geschmückt werden müssen, weil das Herumwandeln
unter freiem Himmel sehr gesund ist, und zwar zunächst für die
Augen, indem die durch das Grüne feine und verdünnte Luft, durch
die Bewegung des Körpers eindringend, die Sehkraft schärft und so
decke, analog den gleichfalls höheren ionischen Innensäulen der Propyläen von
Athen.
1 Pgl. Buch III. Kap. 4. Anm. S. 87 fg.