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an der Deckplatte vorstehen, gemeißelt werden. Die Blumen an den
vier Seiten sollen so groß gebildet werden, als die Deckplatte in der
Höhe mißt. So werden nach diesen zusammenstimmenden Verhält¬
nissen die korinthischen Capitäle genau ihre Richtigkeit haben.
Es gibt aber noch andere mit verschiedenen Namen benannte
Arten von Capitälen, welche denselben Säulen aufgesetzt werden,
bezüglich deren wir aber weder bestimmte Eigenthümlichkeiten der
Maßverhältnisse angeben, noch die Säulenordnung anders benennen
können, allein ich sehe, daß diese besonders benannten Capitäle von
den dorischen hergenommen und umgebildet seien, deren zusammen¬
stimmende Maßverhältnisse auf die Feinheit neueren Schnitzwerkes
übertragen worden sind !).
Zweites Kapitel.
Auszierung der Säulenordnungen.
1. Nachdem nun von den Säulenordnungen Ursprung und Er¬
findung oben beschrieben worden ist, scheint es mir nicht ungehörig,
in derselben Weise von der Auszierung derselben, und zwar von deren
Entstehung und von den Anfängen und Vorbildern, aus welchen sie
erfunden worden, zu sprechen. Bei allen Gebäuden wird obenauf
Holzbalkenwerk gelegt, welches mit verschiedenen Namen benannt
wird. Dieses aber hat, wie in der Benennung, so auch im Gebrauch
verschiedene Bedeutung. Denn die Unterbalken (a) werden über die
*) Ob damit außer anderen Formen auch die sogenannten Composit-Capi¬
täle gemeint seien, ist sehr zweifelhaft. An korinthischen Varietäten zeigen schon
das Denkmal des Lysikrates und der dem Vitruv jedenfalls sehr genau bekannte
Thurm der Winde in Athen allein bedeutsame Muster.
Fig. 14.