M. VITRUVIUS P. BAUKUNST.
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Daher versäumt man nie, die Sommerspeisesäle gegen den kühlen Mor¬
gen, die Winterspeisesäle aber gegen den warmen Abend zu legen; da
vielmehr die Alten, gegen die letztere Gegend die Fenster des Olkellers,
und gegen die erstere die Fenster des Weinkellers zu richten pflegten;
weil der Wein gern ein kaltes, allein das Ol ein warmes Lager liebt:
Ingleichen spähet man nach Hügeln, um darauf, wenn sonst nichts daran
hindert, das Landhaus zu stellen.
d. XIV. KAPITEL.
Befriedigung.
Itzt will ich von der Befriedigung — septum quod tutandi causa
fit — des ganzen Guts oder auch nur eines Theils desselben, reden. Es
giebt vier Gattungen der Befriedigung: Die natürliche, ländliche
agrestis, — kriegerische — militaris — und künstliche — fabri¬
lis. — Eine jede derselben begreift wieder mehrere Arten unter sich.
Die natürliche Befriedigung ist ein, aus gesäeten und ein¬
gewurzelten Gesträuchen und Dornen bestehender, lebendiger Zaun,
welcher die brennende Fackel des muthwilligen Wanderers nicht fürch¬
ten darf.
Die ländliche Befriedigung ist ein todter Zaun aus schlech
tem Holze. Man verfertiget denselben theils aus Pfählen, welche entweder
dicht neben einander gestellt und mit Reisern durchflochten werden,
oder weit von einander zu stehen kommen und Löcher haben, wodurch
zwey bis drey Stangen — longurius — gesteckt werden; theils aus abge
stutzten in die Erde gelassenen Bäumen.
Die dritte Gattung, die kriegerische Befriedigung besteht
aus einem Graben und Walle — agger. — Der Graben ist der Absicht
gemals, wenn er alles Regenwasser in sich fasst, oder mit einem Gefalle
— Jastigium — versehen ist, um es vom Gute abzuleiten. Was den
Wall betrifft, so ist dieser gut, wenn er entweder nach innen zu an dem