M. VITRUVIUS P. BAUKUNST.
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wenn kein Pförtner da ist. 4) Vor allen Dingen aber ist dahin zu sehen,
dass er die Küche in der Nähe habe; weil darin im Winter noch vor
Tage vieles verfertiget, gekocht und genossen wird.
Für die Wagen — plaustrum — und das übrige Geräth — instru¬
mentum, — dem der Regen schadet, sind im Hofe — cohors — hin¬
länglich grosse Schoppen — tectum — zu verfertigen; denn, wenn
diese Sachen bloss verschlossen, aber unter freyem Himmel stehen, so
sind sie zwar vor Dieben gesichert, werden aber von der Witterung
verdorben.
Auf einem grossen Gute — fundus — ists am füglichsten, zwey
Höfe — cohortes — zu haben. In dem inneren — interior — lasse man
das Regenwasser aus der Dachrinnne — compluvium — in ein Wasser¬
behältniss — lacus— fallen, und lasse dieses zwischen den Säulenstühlen
— stylebatae — eine Art von Teich — semipiscina — bilden, welcher
den Ochsen, wann sie im Sommer von dem Felde kommen, zur Tranke
und Schwemme dienen möge; ingleichen den Gänsen und Schweinen,
wann sie von der Weide zurückkehren: In dem äusseren — exterior
muss ein Wasserbehältnifs — lacus — seyn, worin Feigbohnen — lupi-
num — zu wässern sind und alle übrige Dinge, welche durch das Ein¬
weichen in Wasser zum Gebrauche desto geschickter werden. Bestreuet man
diesen äufsern Hof häufig mit Stroh und Spreu, so gewinnt man dadurch,
indem es vom Vieh unter die Füsse getreten wird, manches Fuder Mist
für den Acker.
Bey dem Landhause muss man zwey Mistgruben — sterquili-
niun — haben, oder wenigstens Eine mit zwey Abtheilungen, in deren
Eine man den frischen Mist aus dem Hofe trägt; aus der Anderen aber
h) Der Text lautet also: Vilici proxime ianuam cellam esse oportet, eumque
scire, qui introeat aut exeat noctu, quidve ferat: praesertim si ostiarius est nemo.
Hr. Pfarrer J. F. Mayer, zu Kupferzell übersetzt dieses folgendermaalsen:
„Der Keller soll bey der Kammer des Schaffners seyn, denn dieser muls wissen,
wer Nachts aus- oder eingeht, und was man daraus holt. Wenn kein Pförtner auf dem
Hofe ist, ist dieses um so viel nöthiger."
Nach diesem einzigen Beyspiele, denke ich, wird man mich entbinden, mein oben
gefälltes Urtheil von dieser Übersetzung noch durch andere Belege zu rechtfertigen.
i) Anstatt fit ministra fundo, welches gar keinen Sinn giebt, lese ich, fimum nini¬
strat fundo.