M. VITRUVIUS P. BAUKUNST.
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den Kern — nucleus,— der aus einer Mischung von drey Theilen
Ziegelmehl zu zwey Theilen Kalk besteht; und richte es also ein,
dass das ganze Astrich nicht dünner, als sechs Zoll werde. Endlich
auf den Kern lege man, nach Schnur und Richtscheit, mit aller
Genauigkeit das Pflaster — pavimentum — aus viel - oder würfelför¬
migen Platten — sive sectilibus, seu tesseris.— Nachdem diese einge¬
setzt worden sind, und beym Einsetzen das Gefälle — fastigia
erhalten haben, so reibe man sie so ab —fricare,— dals bey den
Vielförmigen kein Höcker — gradus— an den Ovalen —scutulum,
Dreyecken, Rauten; Sechsecken —favus — b) anzutreffen; sondern trotz
der Fugen die ganze Oberfläche glatt und eben sey; bey den Würfelför¬
migen aber alle Ecken — angulus — gleich seyn, und nirgends emporste¬
hen; so lange jedoch nicht die Ecken insgesammt ganz gleich abge¬
ebenet sind, ist auch die Abreibung — fricatura— noch nicht vollkom¬
men. Auch das Tiburtinische Ährenförmige Pflaster aus
Brandsteinen — testacea spicata Tiburtina i. e. pavimenta— *) ist
mit Fleisse zu verfertigen, damit es weder Lücken —lacuna— noch
Höcker — tumulus— habe; sondern vollkommen dicht und nach dem
Richtscheite abgerieben sey. Nachdem das Pflaster abgerieben, geschlif¬
fen und polirt, so siebe man Marmorstaub darüber oder gebe ihm
eine Decke — lorica— von Kalk oder Sand.
Unter freyem Himmel aber muss der Fussboden vorzüglich tüch¬
tig — idoneus— gelegt werden; sowohl weil die Balken, sie mögen
b) Siehe Abbildungen in archit. di Rusconi, p.99.
c) Bey den Italiänern heifst diese Art zu pflastern a spina di pesce. Die Steine
werden auf die hohe Kante so gegen einander gelegt, dass sie immer ein Dreyeck bil¬
den, fast wie die Körner in der Ahre, oder die Gräthen am Rückgrathe eines Fisches.
Eine Vorstellung davon siehe bey Rusconi, archit. pag. 99. n.9. Auch in Feas
storia delle arti del disegno etc. T.III. Tav.XII. D.