M. VITRUVIUS P. BAUKUNST.
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Findet man nun an diesen Orten siedende Wasserquellen, und
in Berghöhlen warme Dämpfe; und weiss man durch Überlieferung
dass über diese Gegenden sich Feuerströme ergossen haben; so scheint
es auch ausgemacht, dass aus dem Tofsteine und der Erde, die Was¬
sertheile eben so, wie in den Brennöfen aus dem Kalksteine, durch
die Gewalt des Feuers heraus getrieben werden. Indem man also
ungleichartige Dinge in Eine Masse zusammen mischt, und den
heissen Durst derselben mit Wasser löscht, so brauset die in den¬
selben enthaltene gemeinschaftliche geheime Wärme auf, und macht,
dass sie sich mit Heftigkeit verbinden und schnell eine aufserordent¬
liche Festigkeit annehmen.
Es bleibt der Einwurf übrig: woher es komme, dass, da es so
viele heisse Quellen in Hetrurien giebt, nicht auch dieser Staub
dort anzutreffen sey, welcher auf besagte Weise mit Wasser
vermischt, ein so festes Mauerwerk macht? Bevor man mir
diesen Einwurf noch macht, will ich ihn nach meinen Einsichten
beantworten.
Nicht an allen Orten und in allen Ländern sind dieselben Erd¬
und Steinarten vorhanden; sondern hier giebt es erdige, dort griesige
oder kiesige, anderwärts wieder sandige, und noch anderwärts andere
von ganz verschiedener und ungleichartiger Beschaffenheit, je nach
Verschiedenheit der Eigenschaften des Erdbodens in den verschiede¬
nen Gegenden. Vörzüglich kann ich diess mit dem Beyspiele des
Apennins belegen. Da, wo dieses Gebirge die Länder Italiens
und Hetruriens umschliefst, ist fast nirgends Mangel an Gruben¬
sande; jenseits desselben aber, an der Küste des Adriatischen
Meeres, giebt es ganz und gar keinen, ja in Achaja, Asien und
überhaupt jenseit des Meeres kennt man denselben nicht einmal
dem Namen nach. Es können daher auch nicht an allen Orten, wo