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den.“ Diess habe ich zwar auf demselben Blatt Fig. B. dargestellt, allein ich gestehe,
dass ich den Grund dieser Vorschrift bey bedeckten Tempeln nicht einsehe. Bedurf¬
ten die Balken der Decke in der Zelle selbst keiner Unterstützung, wo sie doch
eben so viel Spannung hatten als im Pronaos, so war es doch lächerlich hier den¬
noch welche anzubringen. Diese Betrachtung hat mich auf die Meynung gebracht,
dass jene inneren Säulen wohl nur für solche Tempel mögen vorgeschrieben seyn¬
an welchen die Decke im Pronaos von Stein konstruirt wurde.— In solchem Falle
wurde eine Unterstützung derselben nöthig, sobald die Tiefe des Pronaos anwuchs,
Eine dergleichen steinerne Decke hatte, sobald sie nur so grofs war, dass die Dicke
des Kranzleistens und Zahnschnittes nicht mehr zur Stärke grösserer Deckenstücke
hinreichte, noch unter denselben Träger, welche in der Richtung der Tiefe des Pro-
naos von den Säulen nach der Vordermauer der Zelle hinlagen, und deren Dicke
von der Höhe des innern Frieses abgenommen ward. Zwischen diesen Trägern war
die Decke wie gewöhnlich in Felder eingetheilt. Wuchs aber die Breite des Tem¬
pels auf vierzig Fuss heran, so wurde es nöthig auch diese Träger zu unterstützen.
Hierzu nun werden obenbenannte zwey innere Säulen mit ihrer Architrave angeord¬
net, welche wieder quer unter die Tiäger lief: wie Fig. B. im Durchschniue zeigt.
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Uebrigens kann die Parastata bey einem solchen Tempel in antis in der Fronte
gar wohl die volle Stärke der Säulen behalten, weil die Architrave auf der scharfen
Ecke sich lediglich nach ihr zu richten hat; auf ihrer inneren Seitenfläche muss sie
wenigstens um ein Viertel der Verjüngung der Säulen schwächer seyn, auf der Aus¬
senseite aber machten die Alten sie meistenthsils nur halb so breit, ja nicht selten
noch schwächer. Endlich ist noch bey der Aufreissung der Steinfugen auf den
Mauern zu bemerken, dals die — eminentes expressiones circum coagmenta et cubilia
weder den hervorgedrungenen Mörtel, noch weniger aber Fugenleisten oder Einfassun¬
gen — wie ihr Recensent der A. L. Z. will — bedeuten; sondern— expressiones
heissen schlechtweg die äussern Umrisse der Werkstücke welche vor den vertieften
Fugen hervorspringen, und daher ennentes heissen: und Vitruy macht demnach
nur die simple Bemerkung, dass ausser der vermehrten Festigkeit — durch den
Wechsel der stehenden Fugen — coagmenta — gegen die horizontalen Lagerfugen
— cubilia — das Ansehen der Mauer noch einen kunstgemässen Augenreiz-
- gra¬
phicotera delectatio *) — dadurch gewinnet, wenn man alle Fugen vertieft, oder auch
die Kanten der Werkstücke ein wenig abstumpft, wie Fig. C. auf benannter Tafel an¬
zeiget.
B. IV. K. 6.