Full text: Genelli, Hans Christian: Exegetische Briefe über des Marcus Vitruvius Pollio Baukunst an August Rode

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nommen haben. Die grösst-mögliche Weite scheint jedoch nie die mittlere Weite 
am Toscanischen Tempel übertreffen zu dürfen: d. h. von Stamm zu Stamm darl 
sie nie über die Säulenhöhe hinausgehn. 
Im Eustylos ist die mittlere Weite, wie im Diastylos zu drei Säulendicken, 
die an den Seiten aber messen nur zwei und ein Viertel; die Säulenhöhe macht 
er auch gleich der im Diastylos, d. i. zu neuntehalb Dicken. Allein ein mittlerer 
Durchschnitt der Weiten giebt drittehalb Dicken, welches in der aufgestellten Stu¬ 
fenfolge grade zwischen dem Systylos und dem Diastylos hinein palst: und wenn 
nur nicht dieselbe Angabe zweimal gleich hinter einander wiederholt würde, und 
zwar das letzte Mal mit dem ausdrücklichen Zusatz: wie beim Diastylos D); so 
wäre ich deswegen geneigt hier einen Schreibfehler zu vermuthen, und statt neun¬ 
tehalb, neun Säulendicken für die Höhe zu lesen. Dann erst fiele die Gradua¬ 
tion vollständig aus, also: 
Pycnostylos 
Diastylos — Eustylos — Systylos 
10 auf die Säulenhöhe. 
Modul 81 
94 
Die Plinthen der Basen nimmt Vitruv zu anderthalb Mal die Säulendicke in 
Quadrat an. Mithin beträgt die übrige Weite zwischen zwei Plinthen im 
— Diastylos — Systylos — Pycnostylos. 
Modul = 2 
Da nun zum Durchgang, auch nur lür eine einzelne Matrone, doch wenigstens 
nach Römischem Maass zwei Fuss erfordert wurden; so folgt dals schon der Systy- 
los gar nicht mehr anzuwenden war, sobald die Säulenhöhe nicht wenigstens 
zwanzig Fuss betrug, und der Pycnostylos forderte zum mindesten eine Höhe von 
dreissig Fuss: und bei diesem Maass blieb ihnen doch immer noch der Vorwurf 
welchen Vitruv ihnen macht, dass die Frauen im Durchgehn einander nicht an¬ 
fassen konnten. Folglich blieb bei einer Säulenhöhe von zwanzig Fuss der Dias¬ 
tylos die einzig schickliche Stellung; erst bei einer Höhe von dreissig Fuss fing 
der Systylos an brauchbar zu werden, und zwischen beiden fiel die Anwendung 
des Eustylos. Der Pycnostylos aber hatte wenigstens eine Säulenhöhe von vierzig 
Fuss nöthig, wenn er der Forderung Vitruvs entsprechen sollte: welches man nie 
aus der Acht lassen darf, wenn man seine Anleitung zum Aufriss der Ordnung 
richtig beurtheilen will. An den besten Griechischen Ueberbleibseln dieser Ord¬ 
nung spielt auch wohl darum die Säulenweite meist immer zwischen dem Diasty¬ 
los und dem Systylos Vitruvs. 
1) Lihr. III. Cap. II.
	        
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