Full text: Heuchler, Eduard: Die Bergknappen in ihren Berufs- und Familienleben

links den Häuer mit der Aushauung eines Grabens (Schrames oder Vorgesümpfes) 
beschäftigt, worin sich das Wasser sammelt, welches aus den Klüften des Gesteins 
der tiefsten Stelle zurinnt. Ein Steiger befindet sich eben bei den Arbeitern, um 
nachzusehen, wie die Arbeiten gehen. Der obengenannte Häuer, welcher das 
Vorgesümpfe einhaut, versteckt schnell seine Pfeife, damit er nicht um die Schicht 
gestraft wird. Der mittelste Häuer ist mit Bohren, der rechte mit dem Besetzen 
(Laden des Bohrlochs) beschäftigt. Der Grubenknecht zerschlägt mit dem Treibe 
fäustel die zu groben Wände (abgesprengten Gesteinstücke), welche mit dem Kübel 
herausgezogen werden müssen. Beim Sprengen muss die Mannschaft sich über die 
Schussbühnen zu ihren Köpfen und oft noch höher hinauf zurückziehen. 
Fahren wir nun wieder ein Stück heraus nach den nächsten Versuchsort, wo 
man bald einen vermutheten Erzgang aufzufinden hofft. Doch ehe wir dahin 
gelangen, müssen wir kreuz und quer verschiedene Wege, welche alle mit Namen 
bezeichnet sind, z. B. Gottlob Flacher, Abraham-Stehender, Friedrich-Morgengang, 
Christoph-Spatgang etc., durchwandern und uns in Acht nehmen, dass wir nicht 
von dem Laufbrett in die darunter befindliche Wassersaige abrutschen, denn alles 
Wasser, was sich hier sammelt, muss nach dem Kunstschachte abgeführt werden, wo 
es durch Maschinen bis zu den Stolln herausgehoben und zu Tage abgeleitet wird. 
Doch es scheint wir sind in der Nähe des Orts, denn man hört bereits ferne 
Fäustelschläge und dumpfes Geräusch. Endlich zeigen sich die Lichter der Arbeiter. 
Blatt 9. Nur zwei Häuer arbeiten vor Ort, da es aber Tag und Nacht im Betrieb 
Blatt 9. 
Aroenen “er bleibt und verdungen ist, so schreiten dennoch die Arbeiten rasch vorwärts, wenn 
das Gestein nicht gar zu fest ist. Der Häuer rechts schiesst den Neinbruch (die 
erste Vertiefung), der links die Förste nach. Die übrigen Arbeiter sind beschäftigt 
das gesprengte Gestein, oder wenn zugleich Erz vor Ort bricht, das Erz in Karren 
nach der nächsten Hauptstrecke zu bringen, von wo es mit englischen Förderwagen 
auf Eisenbahnen nach dem Füllorte (man sehe später Blatt 19) gefördert wird. 
Mit den gewöhnlichen Abschieds-Gruss „macht g’sund Schicht!“ verlassen 
wir diesen Bau und fahren nun wieder zurück, um ein eben im Betriebe stehendes 
Ueberhauen (Blatt 10) zur Anlage eines Schachtes zu besichtigen. 
Blatt 10. 
Ein Ueber 
Da man die Absicht hat, zwei übereinander liegende Gezeugstrecken durch 
hauen. 
einen Schacht so schnell als möglich durchschlägig zu machen, so treibt man auf 
demjenigen Punkte der unteren Gezeugstrecke, welcher markscheiderisch dazu 
bestimmt worden ist, dem von der oberen Gezeugstrecke bereits im Betriebe stehenden 
Abteufen ein Ueberhauen entgegen. Beide Baue müssen bei richtiger Abmessung 
von Weltgegend, Längen und Höhen endlich genau zusammentreffen. Dasselbe 
Mittel wird und zwar hauptsächlich bei den Stollnbetrieb angewendet, wo man 
dann von den Schächten aus Gegenörter treibt. 
Hier in diesem Bilde sehen wir die Arbeiter beschäftigt, das Gestein der Förste 
oder über ihren Köpfen zu sprengen, was jedenfalls wie beim Abteufen nach einer 
gewissen Ordnung geschehen muss. Der hinterste Häuer schiesst den Neinbruch, 
die anderen die folgenden Abtheilungen nach. Der Gänghäuer, welcher hauptsächlich 
die Anlage der Bohrlöcher zu überwachen hat, stellt so eben den mittelsten Häuer 
darüber zur Rede, dass er dem gebohrten Loche zuviel (Gestein) vorgegeben hat 
und die Ladung wahrscheinlich zum Bohrloch wieder herausgehen wird, statt 
das Gestein abzusprengen. In diesem Falle muss ein neues Bohrloch gebohrt 
werden. 
Das gesprengte Gestein fällt hier auf die starke Schussbühne, von welcher 
es dann mit Vorsicht in den Schacht hinab auf die darunter befindliche Strecke 
geworfen und von hier, wie schon beschrieben, weggefördert werden muss. 
Der Führer bringt uns nun zum Hauptbau jeder Grube und zwar zu einem 
Erzbau. Nach der Art und Weise, wie ein Erzgang abgebaut wird, ob von 
oben nach unten oder von unten nach oben, nennt man ihn einen Strossen- oder 
einen Förstenbau. Der Strossenbau ist nicht mehr im Gebrauch, weil er viele 
Nachtheile hat, hingegen ist der Förstenbau jetzt überall eingeführt. Ein eben an 
uns vorüberfördernder Hundestösser mit einer schweren Ladung Erz, welche ei 
aus einer Rolle (dem schachtähnlichen Reservoir, welches im Förstenbau angelegt 
ist und in der Strecke unter demselben ausmündet) entnommen hat und nach dem 
Füllorte oder nach einer Erzkammer fördert, kündigt uns die Nähe eines solchen 
Blatt 11 
Abbaues an. Blatt 11. 
Je nach der Mächtigkeit und dem Erzreichthum des Ganges, sowie der Ein Forstenbau. 
Ausdehnung desselben in die Länge, und ob er bereits mit Gezeugstrecken über 
oder unter sich durchschlägig ist, sind die Förstenbaue theils mit viel, theils mit 
wenig Mannschaft belegt. Ein Geräusch von Hämmerschlägen kündigt uns einen 
grösseren Erzbau an. Haben wir erst auf angelegten Fahrten und durch Erklettern 
von aufgethürmten Steinhaufen, die ersten Arbeiter erreicht, so bietet sich uns 
sogleich ein schöner Anblick dar, da soeben, wie auf dem Bilde dargestellt worden 
ist, ein Häuer einen reichen Anbruch gemacht hat und der Obersteiger denselben 
besichtigt. Auf diesen treppenartigen Absätzen sind die Häuer so vertheilt, dass 
man von einem tiefen oder höheren Standpunkte aus oft zehn und mehr Arbeiter 
auf einmal übersieht, was einen sehr lebendigen Anblick gewährt. In früherer Zeit 
geschah es auch zuweilen, dass die hier arbeitenden Häuer beim Bohren mit ihren 
Fäusteln Schlag (mit Dreischlag) hielten und wohl auch einen Gesang dazu 
anstimmten. 
Schreiber dieses erinnert sich noch aus seiner Jugendzeit mancher solcher 
Stunden, wo die gemeinschaftlichen Gefahren des Bergmannsstandes in wahrhaft 
poetischem Reiz sich auflösten. 
Da der Bau mit einer oberen Gezeugstrecke durchschlägig ist, so müssen wir die 
mühsame Kletterarbeit durch den Förstenbau fortsetzen, um wieder ebenen Fusses 
zu kommen.
	        
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